1566 – Vorwort aus Fedrigo Grsison’s ersten deutschen Übersetzungen

Es hat schon etwas Besonderes an sich, sich auf alte Texte der Reitliteratur einzulassen.
Anbei dem vorangegangenem Post über die Übersetzung Federigo Griso’s „Ordini Di Cavalcare“ ein Versuch eines persönlichen Transkriptes des Vorwortes von mir.
Es ist die kombinierte Interpretation aus den beiden (früh-)neuhochdeutschen Übersetzungen von 1566 (Hanns Fröhlich / Veyt Tufft) sowie von 1573 (Johann Fesser dem jüngeren)
Für mich als Reiter erhebend bis zum Schluss, der doch so zeitgemäß ist…
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Vorrede Federici Grisonis

Von den ritterlichen Künsten ist die Pferdedressur die schönste. Und nicht mit Schönheit alleine ist sie geziert, nein auch mit viel Nutzbarkeit bekleidet.
Umso mehr ist sie auch schwierig und schon daher der Anerkennung würdig, weil sich ihrer zu gebrauchen viel Zeit und Maß vonnöten sind; dem einen mehr – dem anderen weniger.
Deswegen wird jeder, der sein Verständnis dafür nicht durch Übung erlangt alleine mit sehen und hören nichts wirklich begreifen.
Daher zweifle ich nicht daran, dass etliche mein Vorhaben mit schreiben das Reiten zu lehren verachten – ja sogar als vollständig vergebens beurteilen werden. Sie werden meinen, dass sich diese Sache eher mit Üben als durch Wort und Schrift erlernen lässt.
Ungeachtet dessen habe ich erkannt, dass auch durch den Verstand, der dem Hören und Lesen entspringt sich die vollkommene Erkenntnis einer Sache erschließen lässt, obwohl man sie nicht sehen kann. Sohin hab‘ ich es für gut und nutzvoll angesehen, dieses Werk an den Tag zu legen.
Jenen die tadeln ohne nachzudenken und auch bissige Neider ignorierend tröstet es mich doch, dass es an geschickten Reitern, die dies verstehen werden nicht mangeln wird. Durch Übung wird ihnen offenbar werden, was ich mit der Feder hier zu Papier gebracht habe.
Darum hoff‘ ich nicht nur, sondern bin mir versichert dass hier ein Werk erwachsen wird, aus dem man reiche Früchte empfangen wird.
Früher, so sagt es die Historie, pflegte man im Königreich Neapel, in der Stadt Sibari nicht nur den Menschen nach einem Saitenspiel das Tanzen zu lehren, sondern auch den Pferden. Dies ist kein Wunder, ist doch das Pferd ein gelehrsames, dem Menschen freundlich gesonnenes, gehorsames Tier.
Unfehlbar in dieser Kunst man wird – mehr als zu früheren Zeiten – wenn man das hier geschriebene oft und mit gutem Verstand liest,
Und wenn man bemerkt, dass meine Rede hier nicht ausgefeilt sei, so liegt das daran, dass ich mehr Achtung auf die Sache als in die zierliche Sprache gelegt habe. Mehr auf das Werk habe ich gesehen als auf das Wort.
Auf dass auch ein jeder der Reitkunst zugetan viel mehr darin bestrebt sei zu reiten als zu reden.
Man soll sich auch nicht am Fußpfad bleibend im Lesen alleine verwickeln, sondern ohne weiteren Verzug mit Gottes Hilf‘ zur Tat eilen.

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